WM 2022 und das Kaiserwetter auf Kilo

WM 2022 und das Kaiserwetter auf Kilo


Ein paar persönliche Eindrücke von der Bahn Kilo beschreibt uns Ralf (GER392) im Nachgang der WM:

Die WM im Rahmen der Kieler Woche hatte für jeden Segler persönliche Erfolgserlebnisse aber gelegentlich auch Pech im Programm. Mein persönliches Highlight war eindeutig der 3. Tag mit Kaiserwetter auf Bahn Kilo, d.h. Wind, Sonne und ORDENTLICH Welle aus Ost.

Schon beim Raussegeln bekam man bei höher werdenden Wellen immer mehr Respekt. Nachdem am Wind der Rumpf ins Wellental knallte fragte man sich, wie man da eigentlich Downwind ohne jeden Überschlag herunterkommen sollte.... An der Startlinie angekommen cancelte der innere Schweinehund dann auch das Probefahren mit Gennaker vor dem Start - mit Ausreden wie "das kostet mich zu viel Kraft" oder "das geht sowieso in die Hose". Das Ganze mit Blick auf einige, die unter Gennaker angeflogen kamen und dann beim Einpacken des bunten Tuches die erste Badeeinheit des noch jungen Tages einlegten. Dabei wurden auch schon die ersten Pinnenausleger zerlegt. Paul Dijkstra, der sich wie einige andere auf Wind und Wellen freute, schaffte es unglücklicherweise in einer Halse seine Ruderanlage per Muskelkraft zu zerstören und musste im Anschluss 1,5 Std zurück nach Schilksee geschleppt werden - extrem ärgerlich für ihn. Einigermaßen durchgeschüttelt erfolgte der erste Start somit mit noch mehr Respekt auf das, was beim Rennen noch kommen würde. Dann auf der Startkreuz: Erste Wende in der Welle verstolpert, Fuß in irgendwelchen Tampen verheddert - komplette Durchkenterung. Das Feld nach dem Aufrichten gefühlt hinter der Erdkrümmung - nix wie hinter her.
Mit dem Rückstand stellte sich oben an der Luvtonne auch nicht die Frage ob der Gennaker besser im Sack bleiben sollte. Fatalistische Einstellung: "Jetzt ist es auch egal". Dann die erstaunliche Erkenntnis, dass die Wellenlänge doch halbwegs zu kontrollieren war. Vor dem Sprung ins tiefe Tal einfach den Gennaker dicht reißen und das Boot etwas ankanten - dann bekommt der Bug tatsächlich genug Auftrieb. Risikomanagement bedeutete auch zu versuchen mit einer einzigen Halse zum Gate zu kommen. Das kritischste Manöver war wie immer bei Wind und Welle das Einpacken des Gennakers am Gate. Wer sich hier ablegte lag bei der freundlich-solidarischer Haltung der Flotte zuweilen nicht alleine da. Das bedeutete für mich, dass ich im ersten Rennen wieder an einigen Booten vorbeisegeln konnte. Nino steckte bei der Halse leider seinen Kicker durch das Großsegel und musste für den restlichen Tag aufgeben. Gilbert war im Sicherheitsmodus auch sehr kontrolliert und schnell unterwegs. Bei den folgenden beiden Rennen matchten wir uns und kamen fast im Fotofinish durchs Ziel.
Im letzten Rennen des Tages war es ein Matchrace mit Iver - auch hier ein Fotofinish. Auch insgesamt war an diesem Tag das Feld im Zieleinlauf größtenteils recht kompakt beieinander. Es hatten sich zu diesem Zeitpunkt schlicht fast alle schon an die Bedingungen gewöhnt.
Aber die körpereigenen Batterien signalisierten nach 4 Rennen auch einen kritischen Ladezustand. Damit musste der lange Heimweg von der Außenförde nach Schilksee noch gemanagt werden, genau wie das Slippen des Bootes durch die Brandungszone und das Reißen des Slipwagens durch den tiefen Sand. Getreu dem britischen Motto "Work hard and play hard" wurde der Abend von vielen noch ausgiebig gefeiert auch noch später bei Livemusik. Wenn ich an diesen Segeltag denke und die epischen Bilder von Bernardi anschaue, kann ich mir auch jetzt noch ein Grinsen nicht verkneifen...


Im Gegensatz dazu der nächste Tag mit wenig Wind und ordentlich Strom. Der Strom führte dazu, dass die Luvtonne schwimmende Materie anzog wie ein schwarzes Loch - englischer Kommentar "Total carnage!". Der Versuch sich aus diesem Inferno mit hoher Eigenrotationsgeschwindigkeit (i.e. Strafkringeln) zu befreien, war in vielen Fällen erst beim 3. Versuch erfolgreich. Aber das ist eine andere Geschichte der WM....

Alle Fotos by © Bernardí BIBILONI www.bernardibibiloni.com Bildergalerie vom Tag 3 (google.com)

GPS-Tracking und Analyse der WM-Wettfahrten gibt es bei sapsailing.com